Sehr geehrte Frau Hedwig Munck,
Sie sind die sprichwörtliche Mutter einer der Figuren, die wohl jedes kleine Kind kennt. Der kleine König, den sie erfunden und gezeichnet haben, läuft regelmäßig beim Sandmann und begeistert Alt und Jung gleichermaßen. Und wenn ich ehrlich bin, mich auch. Wie kommt man auf solche Idee?
Hedwig Munck: Ich habe ursprünglich Geschichten für und über freche Mädchen erzählt. Davon hatte mein Erstgeborener aber bald genug. Da wurden Jungsgesschichten verlangt! Und an Ostern wurden „Männereier“ gemalt. Unter diesem strengen Regiment ist dann eines Tages auch der kleine König zur Welt gekommen.
Die Redaktion: Steckt im kleinen König auch ein Stück von Ihnen selber?
Hedwig Munck: Nicht nur von ihm, auch die andern Figuren sind ein Teil meiner Persönlichkeit (insb. die gutmütige beste Freundin Grete!!!). Der kleine König und ich sind ja beide im Sternzeichen Fische geboren und unser Wahlspruch heißt: „Ich bin immer auch das Gegenteil.“
Die Redaktion: Wenn jemand den kleinen König überhaupt nicht kennt, wie könnte man ihn beschreiben?
Hedwig Munck: Der kleine König ist 4-5Jahre alt und lebt mit seinen Freunden: dem Pferd Grete, dem Hund Wuff, der Katze Tiger und dem Eichhörnchen Buschel in einem großen Schloss. Als König kann er in seinem Reich alles bestimmen, und das Meiste lernt er durch Ausprobieren. Es gibt noch einen Erzähler, der ihm zur Seite steht, aber dessen gute Ratschläge nutzen meist nichts.
Die Redaktion: Woher kommen Ihre Ideen für die Geschichten, rund um den kleinen Drei-Käse-Hoch?
Hedwig Munck: Anfangs war mein Sohn das Vorbild, aber inzwischen regt mich alles Mögliche an. Ein Anstoß ist insbesondere, wenn etwas schief geht, oder man sich über jemand ärgert. Zur Serienreife gebracht hab ich die Figur aber zusammen mit der rbb-Redakteurin Anne Knabe, die viele wichtige Anregungen gegeben hat!
Die Redaktion: Aus Ihrer Feder stammen nicht nur der kleine König, sondern Sie haben ja auch für die Sesamstraße oder Siebenstein gezeichnet. Eine Ihrer neuen Figuren ist Bebidu. Wer ist dies, wie könnten Sie ihn umschreiben?
Hedwig Munck: Ich habe ausprobiert, wie sich ein Kleinkind mit seinen Geschwistern verständigt, wenn es sich ohne Sprache ausdrücken muss. Damit sich der Zuschauer mit Bebidu identifiziert, lasse ich alle Beteiligten in einer Phantasiesprache reden.
Die Redaktion: Wie sind Sie eigentlich zum Illustrieren und Zeichnen gekommen?
Hedwig Munck: Tatsächlich wollte ich nie was anderes machen, höchstens noch Geschichten lesen, am liebsten Kinderbücher. Das ist heute noch so. Ich habe dann Kunst+Mathe fürs Grundschul-Lehramt studiert und danach war ich an der Hochschule der Künste, Berlin.
Die Redaktion: Wie viel Zeit benötigen Sie, um eine Folge des kleinen Königs für den Sandmann zu zeichnen, bis sie sendefähig ist.
Hedwig Munck: Ohne Idee und Storyboard, nur die Zeichungen für den Film mit 3:50min Länge:Das dauert 6 Wochen – mit langen Arbeitstagen.
Die Redaktion: Was würden Sie jungen Menschen raten, die genauso wie Sie, das Zeichnen als Leidenschaft für sich entdeckt haben, um vielleicht einmal in Ihre Fußstapfen zu treten?
Hedwig Munck: Viel Zeichnen und Probieren. Gleichzeitig auch mal intensiv an einer Sache dran bleiben, also mal tagelang nur die Miezekatze beobachten und auf dem Papier „einfangen“ – oder einen Schuh von allen Seiten und mit verschiedenen Techniken.
Die Redaktion: Haben Sie als Kind mit Ihren Eltern gespielt?
Hedwig Munck: Wir haben viel gespielt, Kartenspiele mit der Großfamilie – und mit meinem Bruder oder Freunden Würfelspiele. Insb. Monopoly hat mich dabei so gestresst, dass ich es bis heute boykottiere. Wehe, wenn ich die Schlossallee nicht besaß! Tatsächlich, das räume ich ein, war ich ein maßlos triumphierender Gewinner und ein ziemlich schnippischer Verlierer.
Deshalb musste ich den kleinen König dazu auch mal eine Geschichte erleben lassen.
Die Redaktion: Wenn Sie Kinder haben, was spielen Sie gemeinsam mit Ihren Kindern? Was macht das Spielen mit Ihren Kindern aus Ihrer Sicht aus?
Hedwig Munck: Natürlich haben wir auch mit unsern Kindern jede Menge Spiele gespielt. Ich bin ein Livespieler (nichts mit Computer) und mein Spielepartner muss ein Gesicht haben. Wenn man richtig dabei ist, dann fahren die Gefühle Achterbahn und man lernt eine ganze Menge über sich und sein Gegenüber.
Leute, die nicht engagiert spielen, regen sich zwar nicht auf, sind aber keine echte Alternative. Für Kinder ist es sehr wichtig, ihr Verhalten über das Spiel auszuprobieren und auch, sich dabei mal gehen zu lassen. Man erlebt die Reaktion der andern, übt Geduld, kontrolliert seine Wut und mäßigt seinen Triumph und versucht, irgendwann mal so weit zu kommen, dass man genießt, dass am Ende alle etwas Spaß hatten.
Die Redaktion: Und da man ja nicht nur mit Kindern spielt, stellt sich die Frage, was Sie mit Ihren Freunden spielen?
Hedwig Munck: s.u. – Variationen. Zuletzt Spieleabend mit allem Möglichen, jeder bringt was mit.
Die Redaktion: Was fasziniert Sie beim Spielen?
Hedwig Munck: Das Verhalten aller Beteiligten.
Die Redaktion: Was ist eigentlich Ihr Lieblingsspiel?
Hedwig Munck: Es hat keinen Namen, glaub ich. Abwechselnd sucht man ein unbekanntes Wort aus dem Lexikon aus und alle schreiben eine Definition, was es bedeuten könnte. Wer die andren mit seiner Version überzeugt, bekommt einen Punkt.
Die Redaktion: Heutzutage leiden alle unter Stress und Zeitnot. Dadurch haben oder besser gesagt, nehmen sich Eltern keine Zeit, mit ihren Kindern zu spielen. Was würden Sie Eltern raten, wie wichtig es wäre, mit ihren Kindern zu spielen?
Hedwig Munck: Wir haben auch immer Zeitnot gehabt. Und deshalb haben wir schon im Alltag Spiele gespielt. In der Küche zusammen als Zoowärter Gemüse und Reste geschnippelt und beim Spielkiste einräumen waren wir Bagger. Es hilft sicher, wenn man selber etwas unreif und albern bleibt.
Die Redaktion: Wenn Sie in die Rolle eines Spieleerfinders schlüpfen könnten, welches Spiel würden Sie denn gern einmal erfinden wollen?
Hedwig Munck: Keins, das man im Computer spielt! Aktuell wünsch ich mir eins, bei dem man sich bewegen muss. Also, wenn man z.B. auf ´s grüne Feld kommt, muss man Bälle fangen, Seil hopsen etc. Ideal wäre: Spaß und Bewegung verbinden für alle Altersgruppen.
Die Redaktion: Sie haben das große Glück, Ihr Hobby zum Beruf gemacht zu haben. Aber um jetzt da zu stehen, wo Sie jetzt sind, hat es auch viel Zeit in Anspruch genommen. Würden Sie noch einmal alles so machen?
Hedwig Munck: Ja. Ich hatte die Dinge nicht bewusst geplant, ich konnte nur nicht anders. Und das wär beim zweiten Mal sicher wieder so.
Die Redaktion: Was planen Sie für die Zukunft?
Hedwig Munck: Ich möchte nur solche Projekte machen, a) die mir richtig gut gefallen. Und b) mit etwas weniger Zeitdruck arbeiten. Im Moment bastle ich an einem Projekt mit kleinen Kindern.
Ich denke, dass dabei a) und b) zutreffen.
Herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben.
Zur Person
Kaum jemand, der Hedwig Munck näher kennt, hat sie je ohne Stift in der Hand gesehen. Sie zeichnet, malt und kritzelt unablässig und schreckt dabei in Ermangelung von geeigneten Zeichenunterlagen auch nicht vor Fensterscheiben zurück. Bei einer Beratung im Arbeitsamt riet man der jungen Hedwig, doch Technische Zeichnerin zu werden.
Da sie aber keinen Sinn für das Technische hat, entschloss sie sich, in Reutlingen Kunst und Mathematik auf Lehramt zu studieren. Denn Kindern war sie auch schon vor den eigenen zugetan. Doch die Liebe zum Zeichnen und Geschichten Erfinden trieb sie weg von den Pädagogen hin zur Hochschule der Künste in Berlin, wo sie Visuelle Kommunikation studierte. In dieser Zeit lernte sie ihren Mann Andreas Munck kennen, mit dem sie eine eigene Firma, eine Trickfilmproduktion (Lindwurmfilm) und eine Familie (David, 1985 und Lilith, 1987) gründete.