In einem 1000er-Puzzle sind theoretisch 999 Glücksmomente garantiert. Und zwar immer dann, wenn Puzzler wieder ein passendes Stück finden. Der Moment stellt sich ein, wenn die Pappe ohne den geringsten Spalt bündig einrastet und ein leises „Flibb“ zu hören ist.
Wenn das der alte John Spilsbury gewusst hätte! Der britische Kupferstecher sägte 1760 mit einer Laubsäge aus einem Mahagoni-Brettchen die Formen der englischen Grafschaften, damit die Kinder sie im Erdkundeunterricht wieder zu ihrem Heimatland zusammenfügen konnten. Das erste Puzzle war geboren und damit eine tolle Geschäftsidee.
Spilsbury zersägte noch oft die britische Insel – ohne jeden Patriotismus, denn er sparte teures Mahagoni, indem er Britanniens umliegende Meere einfach wegließ.
Das Holz wurde mit Verwendung der Eiche billiger und die Wettbewerber ungehobelter: Hersteller vom Festland lästerten um 1820 in ihrer Werbung, die Briten seien „schlampige Säger“. Sauberer und schneller als jeder Mensch sägte jedoch alsbald die fußbetriebene Laubsägemaschine.
Damit änderte sich zwar die machbare Zahl der Teilchen, aber nicht deren Form: Der Schnitt folgte immer noch den Konturen von Pflanzen, Tieren und anderen Motiven – unterbrochen nur von kleinen Nasen und Nischen, damit die Puzzlestücke schön ineinandergriffen und das Werk nicht verrutschte. „Interlocking“ heißt diese Technik, die die heutigen Puzzleteilchen so stark charakterisiert, aber damals die Geduld der Aussäger strapazierte.
Die Puzzlestanze setzte den Laubsägearbeiten und ihren individuellen Formen um 1940 ein Ende. Ihre Messer zerschnitten das auf Pappe gezogene Motiv mit einem Schlag und mit mehreren Hundert Tonnen Druck in gleichförmige Puzzleteilchen, wie wir sie heute kennen.
Erfunden wurde die Puzzlestanze in Amerika, einem Land mit besonders hohem Puzzlefieber. Was 1850 mit Kinderpuzzles begann, entwickelte sich nach dem ersten Weltkrieg zum wahren Volkssport.
Auch der Hersteller Ravensburger, seit 1891 mit Konturpuzzles im Puzzlegeschäft – eines davon waren die „Geographischen Geduldspiele“ –, stellte seine Produktion um. Zunächst stanzte er die Teilchen mit einer umgebauten Pralinenschachtelpresse aus Leipzig.
1964 schließlich fiel das erste 500-teilige Erwachsenenpuzzle aus der Stanze. Nach jahrzehntelangem Tüfteln hat sich der Spieleverlag mit seinem Fertigungs-Know-how einen Spitzenplatz erobert: Ravensburger Maschinen schneiden Puzzlestücke, die absolut lückenlos „interlocken“. Feine Ohren hören vielleicht das „Flibb“.