
Sehr geehrte Frau Ulrike Rank,
Sie haben gemeinsam mit Peter Heppner und Oswald Henke die Geschichten um das Rabenküken Ralf Rabinski als Hörbücher produziert. Wie kam es dazu?
Ulrike Rank: Ich kenne die beiden schon seit mehr als 30 Jahren. Wir haben uns damals über ein Bremer Platten Label Strange Ways Records, von Lothar Gärtner kennengelernt, für den ich als Designerin gearbeitet habe, auch schon während des Studiums. So auch für die Bands Goethes Erben und Wolfsheim. Und mit Oswald und Peter habe ich mich angefreundet.
Die beiden habe ich auch bei diversen Tourneen begleitet, egal ob es in den USA oder in Deutschland war. Daher war es nicht kompliziert, die beiden für die Hörbuchproduktion von Ralf Rabinski zu gewinnen.
Schwerer wäre es gewesen, für dieses Erstlingswerk ein externes Hörspielstudio für das Projekt zu engagieren. Daher bin ich froh, dass meine Freunde mich hier unterstützen. So konnten wir mit unserem eigenen Potenzial und Equipment das erste Hörbuch von Ralf Rabinski produzieren. Es war auch gleichermaßen ein Test, ob es überhaupt funktioniert.
Die Redaktion: Um was geht es in den Geschichten rund um den kleinen Raben? Und wie ist dies überhaupt alles zustande gekommen.
Ulrike Rank: Die Geschichten hatte ich schon vor längerer Zeit geschrieben. Ich hatte es erst mit dem Weg versucht, wie wahrscheinlich jeder anderer junge Autor auch. Erst denkt man an eine Buchveröffentlichung. Dazu muss man die Verlage anschreiben. Als Grafikerin hatte ich einen kleinen Einblick in Kinderbücher und Kinderliteratur. Und daher kannte ich einige Verlage mehr, die Sinn gemacht hätten für Ralf.
Aber da hatte ich wohlweisende Absagen bekommen. Und dann habe ich meine Ideen erst einmal liegen gelassen. Das waren das erste Buch und zwei Manuskripte für die beiden Fortsetzungen.
Wahrscheinlich lag es daran, dass die Geschichten etwas schwerer vorlesbar waren für jemanden, der nicht geübt ist im Lesen oder Vorlesen. Und das konnte man auch abends nicht einfach so herunterlesen und so kam ich auf die Idee, wenn das so sich nicht veröffentlichen lässt, dass man dies einfach für die Ohren macht.

Und so kam es dann. Und so habe ich mit Oswald und Peter gesprochen. Auch mit Jürgen habe ich meine Ideen geteilt, denn Jürgen hatte die Technik im Studio bedient. Beim ersten Hörbuch hatten wir uns in einem Ferienhause eingemietet und sind in Klausur gegangen und haben das erste Hörspiel aufgenommen. Das war für uns alle ein absoluter Kaltstart.
Oswald und Peter waren die Arbeit im Studio gewohnt mit der Stimme zu arbeiten. Und die Jungs haben mich motiviert mich in die Hummel reinzuleben. Und dann habe ich auch weitere die Frauenrollen übernommen. Im letzten Hörbuch konnten wir Sonja Kraushofer für das Glühwürmchen Martina gewinnen, die nicht nur gesprochen, sondern auch gesungen hat.
Die Redaktion: Um was geht es in den Geschichten von Ralf?
Ulrike Rank: Ich habe mich im Vorfeld mit Literatur aus dem KITA-Bereich beschäftigt, auch mit Pädagogen hatte ich zuvor geredet. Dadurch habe ich einen Einblick bekommen. Ich konnte mir dadurch meinen eigenen Eindruck machen. Viele der Geschichten waren weit weg vom normalen Kinderleben. Daher wollte ich einen kleinen Antihelden erschaffen.
Die Redaktion: Wie viel von Ihnen selbst steckt in dem Raben?
Ulrike Rank: Und so viel auch zum Thema, wie viel steckt von mir in dem Raben. Eine ganze Menge. Jemand, der sich im Grunde komplett aus dem Elternhaus Rabinski Nest herausarbeitet und seinen eigenen Weg geht. Ich komme aus einfachen Verhältnissen. Meine Mutter war Hausfrau und mein Vater Schiffsbauer.
Und wir lebten auf einem Mehr-Familienbaum, auf dem ersten Zweig. In meiner Familie gab es keinen künstlerischen Input. Wie man sich aus diesem Umfeld herausbewegt, darum geht es auch in den Geschichten von Ralf, der kleine Ralf, der nicht fliegen kann.
Leute, wenn die Eltern zu euch lieb sind und euch füttern und euch ganz gerne haben, aber im Grunde nicht sagen können, wie ein Grafikstudium funktioniert. Und vielleicht deshalb die Kinder keine Sprünge machen können.
So ist meine Empfehlung, finde deine Tülay, finde deine Leute, vernetz dich und schätze die Bereiche, die du hast, aber erweitere diese. Das steckt hinter Ralf.
Er hat immer Angst vor allem Neuen, Angst, dass er gebissen (stellvertretend für Misserfolge) wird, aber es geht auch anders, indem man sich nicht nur als kleiner Ralf, als kleiner Mensch sich richtig organisiert.
Vielleicht bin ich in so einem Alter, wo man dies jetzt formulieren kann, wenn ich meinen Werdegang erklären soll, sage ich immer, dass mein Beruf meine absolute Berufung ist. Und ich brenne dafür, die Glut gerne weiterzugeben.
Das ist eh in meinem Herzen drin, weil ich eben genau solche Leute hatte, wie ich jetzt ein Leut für andere sein möchte, die mich auf den Weg gesetzt haben und den Funken bei mir entzündet haben, bis ich merkte, ich kann das, ich mach das und ich schaffe das irgendwie. Eben dieses fliegen lernen kann, das ist eben auch Ralf.
Er hat da eben seine Sicht auf die Welt, eben diese kindliche Sicht, die ich versuche einzunehmen, ehe man analysiert. Und das macht unheimlich Spaß diese Perspektive einzunehmen aber mit dem Wissen, was da drinsteckt. In der dritten Geschichte, wo Ralf Angst im Dunkeln hat.

Vor dem einen Geräusch hat er fürchterliche Angst, das Geräusch ist ganz gruseliges Jaulen, das schlimmste Geräusch von allen. Am Ende der Geschichte trifft er auf den Verursacher des allerschlimmsten gruseligen Geräuschs und das ist ein Hund, der ganz einsam war, weil er verstoßen wurde von seinem Herrchen. Der wiederum hatte vor Ralf Angst.
Ralf sagte, was einmal sein Vater ihm geraten hatte: „Wenn du Angst hast, dann sagst du Achtung, ich habe den schwarzen Bürzel.
Da denken alle, du willst sie beißen.“ Und das hat der Hund immer gehört, wenn Ralf das gesagt hatte und deshalb hatte der Hund Angst vor Ralf. Dass sich hier dieser Kreis schließt, dass man in seiner Angst anderen Angst machen kann, ist für mich ein wichtiger Twist in der Geschichte.
Ich sage immer, Empathie ist anstrengend, aber notwendig. Und das ist, wenn man sagt, guck mal, wenn der Eindruck komisch ist, schau einfach mal darüber hinaus.
Die Redaktion: An welcher Geschichte arbeiten Sie zurzeit?
Ulrike Rank: Woran ich jetzt arbeite, ist eine Geschichte, in der es um Vorurteile geht. Es geht um ein Ei und man nicht weiß, was da drin ist. Mit den Vorurteilen zu spielen aber seinem Herzen zu folgen und nicht dem ersten Eindruck nachzugehen.
Das sind alles die Lebenserfahrungen, die man macht. Wo man das eben so verpackt, dass Kinder dies nachvollziehen können, und das ist ein unglaublicher Spaß in meiner Arbeit.
Die Redaktion: Wie kommt man als Autor zu den vielen Namen seiner Figuren in der Geschichte?
Ulrike Rank: Die Namen haben auch immer eine Relevanz. Frau Hahneberg (das Huhn) zum Beispiel, hat eine Erinnerung für mich. Sie lebte auf einem Bauernhof, ist eine Schulfreundin von mir gewesen und die hatten Hühner.
So bin ich meiner Hühnerliebe nachgekommen, weil sie eben Hühner hatten. Und weil ich sie sehr lieb habe und ich immer noch mit ihr befreundet bin, hat sie einen Platz in meiner Geschichte bekommen. Natürlich als Huhn und so ist sie Frau Hahneberg.
Das ist nur ein Beispiel für viele und hinter jedem Namen steckt eine Geschichte.
Die Redaktion: Vielleicht werden jetzt einige Verlage auf das Projekt aufmerksam?
Ulrike Rank: Das Buch plane ich schon, denn ich habe nicht nur die Geschichte geschrieben, sondern ich habe es komplett illustriert.
Die Redaktion: Wir sind ein Familienspielmagazin und versuchen Erwachsene dazu zu bewegen, mit ihren Kindern zu spielen, weil dies für die kindliche Entwicklung wichtig ist. Was wurde bei Ihnen zu Hause gespielt?
Ulrike Rank: Das war eine Zeit, indem Eltern nicht so viel mit den Kindern gespielt haben. Da wurde man eher aufgefordert rauszugehen und mit den anderen Kindern zu spielen. Ich hatte keine Geschwister, aber wir hatten eine Riesenmeute an Kindern bei uns, in Sommerhochzeiten waren es auch mal fünfzehn oder zwanzig Kinder und das hat fehlende Kinder kompensiert.
Draußen haben wir alles Mögliche gespielt, was man so draußen macht. Und mit meinen Eltern habe ich hauptsächlich Canasta gespielt. Die haben uns an den Wochenenden mit Freunden getroffen und haben Canasta gezockt.
Wo ich noch klein war, wollte ich immer wissen, was die da spielen, dadurch bin ich mehr oder weniger in das Kartenspiel reingewachsen. Ich liebe das Spiel heute noch. Und meine Mutter nannte mich im Spiel auch Raffaella, weil ich immer den Haufen bekommen habe.
Das waren gute Zeiten. Und dann haben wir auch noch gekniffelt. Natürlich haben wir auch Monopoly gespielt. Aber das dauerte meinen Eltern zu lange. Sie liebten eher die schnellen Spiele.
Die Redaktion: Und spielt Ralf denn auch?
Ulrike Rank: Ich wollte nicht nur die Geschichten haben, ich wollte daraus auch was entwickeln. Ich wollte zu jeder der kleinen Geschichten auch Projekte machen.
So dass man mit den Kindern, die die Geschichten gelesen oder gehört haben, daraus was generiert. Zum Beispiel, ich fand Mikado ganz cool, habe ich mir ein Raben Mikado erdacht.
Dazu müssen die Kinder in den Wald gehen und Stöckchen sammeln. Anschließend macht man diese sauber, dass keine kleinen Leute mit nach Hause genommen werden und dann zuhause oder in der KITA werden die Stöcke markiert, mit Farben. Und dann spielt man nach Mikado-Regeln. Oder man entwickelt eigene Spielregeln, denn die Stöcke können ja auch mal brechen.
Zählt das doppelt oder so. Man muss nur der Fantasie freien Lauf lassen. Das ist ein Spiel, welches durch die Kinder immer wieder neu generiert wird. Das ist ein Projekt daraus, denn Ralf und Tülay sind ja die ganze Zeit in ihrem Birkenwäldchen.
Oder man kann auch Kekse machen. Schließlich klauen Raben auch beim Backen die Sachen. So habe ich daraus auch ein Projekt gemacht. In der KITA verstecken die Erzieher die Zutaten und die Raben müssen erst einmal in der KITA die Zutaten suchen. Wenn alles zusammengetragen wurde, werden die Kekse gebacken. Und Ralf darf dann auf jedem Keks seinen Fußabdruck hinterlassen.
Natürlich mit einer Gabel. Aber das kann man auch zuhause machen. Natürlich kann man den Teig in den Kühlschrank legen, aber die Raben legen diesen auf einen Ast, so wie es die Raben eben machen. So entdecken die Kinder die Welt der Raben. Damit hört man nicht mit den Geschichten auf, sondern man geht danach raus und entdeckt die Welt. Wenn eine Hummel vorbeifliegt, ist dies Tülay.
Man entwickelt dadurch einen natürlichen Bezug, im Grunde dass man die Natur schätzenswert findet. Und nicht immer den Dschungel, sondern das, was sich vor unserer Tür befindet. Damit wollte ich die Kinder spielerisch in den Birkenwald locken. Ideen gibt es reichlich. All die Projekte testen wir mit Kindern und Erziehern, ehe wir das so übernehmen.
So kam die Idee aus der KITA, keine Grammzahl in das Rezept zu schreiben, sondern Tassen, damit können Kinder dies besser abmessen.
Die Kinder sollen aus den Geschichten viel mitnehmen, aber sich auch darin wiedererkennen. Die Rückmeldungen der Kinder sind mir dabei wichtig, denn Kinder sind nicht bestechlich.
Die Redaktion: Noch einmal zum Thema Spielen, spielen sie selber in der Familie?
Ulrike Rank: Im Freundeskreis, vor allem die Grafiker machen kreative Spiele. So haben wir ein Beschreibungsspiel, einer sieht ein Bild und muss den anderen beschreiben, was er sieht und die anderen müssen es zeichnen. Das ist spannend, wenn man das unter Kollegen spielt.
So was kann man auch mit Kindern machen, denn Kinder sind im Erfindermodus, sie haben Ideen und sind auch kreativ. Und das soll man beim Spielen nutzen.
Wenn man mit Kindern durch den Wald geht und zum Beispiel ein Mauseloch findet, das Kind fragt, wer hier wohnt und der Maus zum Beispiel einen Namen gibt. So dauern halt meine Spaziergänge immer etwas länger. Diese Empathie gegenüber den Tieren und der Natur möchte ich gern den Kindern vermitteln.
Die Redaktion: Ich danke Ihnen für das nette Gespräch und ich wünsche Ralf, dass er noch viel entdecken kann.
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